Japan und Sachsen – Teil 1

Eine Beziehungsgeschichte zwischen Neugier und Bewunderung

Als die regionale Arbeitsgruppe der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Dresden gegründet wurde, gab es keinen Neubeginn von bilateralen Beziehungen, sondern vielmehr ein Aufdecken des vielfältigen Austauschs zwischen Sachsen und dem fernen Land im Osten seit dem Ende des 19. Jahrhunderts.

Beamte aus dem Königreich Sachsen dienten als kaiserlich-deutsche Diplomaten am Hofe der neuen Meiji-Regierung, die 1867/68 das neue kaiserliche Japan begründete. Zahlreiche Berichte und Zeugnisse der Kultur, Wirtschaft und Lebensweise Ostasiens gelangten nach Rückkehr der „ausgeliehenen“ Beamten in die Sammlungen des sächsischen Hofes. Bis in die Gegenwart helfen diese Zeugnisse, die in den Königlichen, heute Staatlichen Museen zu Dresden bewahrt werden, der Geschichte, Kultur und Philosophie Japans nachzuspüren und sie zu verstehen.

Autor: Dr. Lydia Icke-Schwalbe, redakt. Bearbeitung: J. Fukuhara, Foto: s.h. Bilduntertitel, 30.09.2022, Dresden

Diplomatische Beziehungen vor und während der Meiji-Zeit

Zusammenarbeit in Forschung und Wissenschaft


Diplomatische Beziehungen – Vor der Meiji-Zeit

Ein aus Sachsen stammender Fotograf und Zeichner gehörte bereits zur amerikanischen Expedition unter dem Kommando von Matthew Perry, die letztlich seit 1854 die Öffnung des seit 200 Jahren verschlossenen Landes und japanischer Häfen für fremde (amerikanische) Schiffe erzwang.

Am 24. Januar 1861 unterzeichnete Friedrich Albrecht Graf zu Eulenburg, preußischer Diplomat und Politiker, in Yokohama den Vertrag über Handelsbeziehungen und Stapelrechte im japanischen Hafen. Konsul Carl Friedrich Pieschel, aus Weinböhla bei Dresden stammend, von der Sächsischen Regierung in preußische Dienste überstellt, wird 1861 der erste deutsche Diplomat in Yokohama und Yeddo (dem heutigen Tokyo). Er war bereits an koreanischen und chinesischen Höfen tätig.

Wilhelm Heine aus Radebeul bei Dresden war Maler und ein Mitglied des Preußischen Geschwaders zur Erkundung von Handel und Märkten in Ostasien, das unter Führung von Graf von Eulenburg 1859 aufgebrochen war. Ein Jahr darauf, 1860, wurde in Leipzig Heines „Japan und seine Bewohner: Geschichtliche Rückblicke und Ethnographische Schilderung von Land und Leute“ verlegt. Rückblickend schilderte er die ersten Versuche der Engländer und Amerikaner zwischen 1837 und 1854, an japanischen Küsten anzulanden sowie „die lokalen Bewegungen einer deutschen Gesandtschaft unter jenen Völkern“ (Heine 1860).

Diplomatische Beziehungen – Während der Meiji-Zeit

1874-1877 residierte Konsul Eduard Zappe, sächsischer Diplomat im Dienste des Deutschen Kaiserreichs, in Yokohama. Im Sächsischen Ministerium des Innern dokumentieren mehrere Schreiben seine Bemühungen um spezielle wirtschaftliche Beziehungen zwischen Sachsen und Japan. Auf Bitten sächsischer Industrieller an Konsul Zappe in Yokohama sandte dieser bereits 1873 und 1875 Zusammenstellungen japanischer Industrieprodukte, inkl. Lack und Cloisonnee. Er berichtete über die Besonderheit der Papierherstellung in Japan und sandte Proben nach Sachsen, dabei war eine vollständige Kollektion japanischer Fächer, Laternen, Regen- und Sonnenschirme. Die Beschreibung der Sammlung von Zappe umfasst Puppen, Fächer, Rohseiden, „ornamentierte Bronze- und Kupferplatten“ (gestanzte Textilfärbe-Schablonen) für das Kunstgewerbemuseum und für das ethnographische Kabinett (Schreiben vom 24. Mai 1876 an Ministerium des Innern (v. Friesen) weitergeleitet an die Generaldirektion der Kgl. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft.)

Bei der 1. Deutschen Hygiene-Ausstellung in Dresden, die 1911 mit internationaler Beteiligung präsentiert wurde, sandte die Kaiserlich Japanische Regierung einen eigenen Pavillon mit Zeugnissen der modernen Lebensführung aus japanischer Produktion.

Japanische Pavillon in Dresden 1911
Blick in den Kaiserlich Japanischen Pavillon in Dresden, 1911

1887-1888 arbeitete der Kaiserliche Rat Müller-Beeck im Auftrag des deutschen Lloyd in Yokohama. Er intensiviert die Handelsbeziehungen sowie den informativen Austausch mit dem Königlich Sächsischen Ministerium des Innern.

Freiherr Mumm von Schwarzenstein, ein sächsischer Diplomat in preußischen Diensten, wird erster deutscher Botschafter in Japan. Seine Amtszeit war von 1909 bis 1911.

erster deutscher Botschafter in Japan
Kaiserlich deutscher Botschafter in Japan Dr. Freiherr Alfons Mumm von Schwarzenstein und Botschafter a. D. von Holleben (sitzend), 1910
Maruki Riyō, Public domain, via Wikimedia Commons

Sächsische Zusammenarbeit in Forschung und Wissenschaft

Die rasant betriebene Modernisierung unter dem jungen Meiji-Tenno führte zahlreiche Studenten in die fortgeschrittenen und spezifischen Bildungseinrichtungen Sachsens. Nachdem der Stand der alten Samurai-Adelsgeschlechter seine Privilegien aberkannt bekommen hatte, mussten und konnten neue Lebensbereiche in Bergbau, Industrie und Technik, in Medizin und Militär erschlossen werden. Seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts sind japanische Studenten in den Immatrikulationslisten der sächsischen akademischen Institute nachweisbar. Ihre Gastgeschenke – heute in den Sammlungen der Staatlichen Kunstsammlungen, Museum für Völkerkunde Dresden gepflegt und bewahrt – zeugen von der Wertschätzung des japanischen Volkes gegenüber seiner eigenen Geschichte und Kultur, vor allem belegen sie die hohe ästhetische Kunstfertigkeit. Für die Menschen in Sachsen bildeten sie wertvolles Anschauungsmaterial aus dem unbekannten, aber seit langem bewunderten Land, dessen Schätze bereits August der Starke einkaufen ließ.

Verbindungen zu Bergakademie Freiberg und TH Dresden (heutige TU Dresden)

Bereits um 1900 absolvierten Japaner ihre höhere Ausbildung an der Bergakademie in Freiberg, am Forstbotanischen Institut in Tharandt, an der Militärakademie und Medizinischen Akademie sowie der Technischen Hochschule in Dresden. Unter den Studenten in Tharandt und Dresden befanden sich Herren aus alten Feudalgeschlechtern, wie Derer von Ito und Nabeshima.

Graf Naotada Nabeshima studierte von 1911-1914 Forstwirtschaften am Forstbotanischen Institut in Tharandt, heute Hochschule und Teil der TU Dresden. Er lebte und wohnte dort privat und hinterließ eindrückliche Spuren in Tagebuchform und Briefen an seine Gastgeber. Sein Sohn Naotsuge Nabeshima war ausgebildeter Porzellan-Ingenieur, als er aus Kyushu kommend an die TH in Dresden kam, um hier Verfahrenstechniken zu studieren und zu promovieren. Als Spezialist für Keramik und Porzellan bewirkte er den späteren Partnerschaftsvertrag zwischen Arita und Meißen. Dessen Sohn, ein direkter Enkel von Graf Naotada Nabeshima, kam ebenfalls kurzzeitig als postgradualer Student nach Dresden. Als Vermächtnis des Großvaters übergab er 1987 wertvolle Geschenke aus dem nachgelassenen Familienbesitz an die TH Dresden bzw. das Land Sachsen und krönte somit die 3 Generationen überdauernden Beziehungen Japans zu Sachsen.

Stereoskop Nabeshima
Stereoskop aus dem Besitz von Nabeshima,  Schwarzlack mit Goldeinlagen (MfV Dresden, Foto: E. Winkler)
japanische Spiegeldose, Nabeshima
Spiegeldose, kagami bako, Goldstreulack mit Gold-Mon von Nabeshima (MfV Dresden, Foto: E. Winkler)

Fortsetzung: Die japanisch-deutschen Beziehungen vom 20. Jahrhundert bis heute – Japan und Dresden (Teil 2)

Ein Kommentar

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