Teerausch-Besitzerin Elke Werner im Interview
Vom Anbau bis zum Genuss des japanischen Tees
Nachdem Elke Werner uns vom Teefachgeschäft Teerausch über ihre Leidenschaft zum Tee erzählt hat, geht sie im weiteren Verlauf des Interviews näher auf die Welt des japanischen Tees ein. Sie erklärt die Anbaumethoden, Unterschiede der japanischen Teesorten und gibt Einblicke in ihre Erfahrungen mit der japanischen Teezeremonie.
> Der Beitrag ist eine Fortsetzung des Interviews mit unserem Mitglied Magdalena. Hier könnt ihr den ersten Teil lesen.
Autor: M. Kozar Red.-Bearb.: J. Fukuhara Fotos: Claudia Jaquemin, 31.07.2022, Dresden
Vielleicht kannst du noch mal für alle erklären, was Tee überhaupt ist? Im Laien-Sprachgebrauch wird ja vieles als Tee bezeichnet, was genau genommen gar kein Tee ist.
Elke: Ja, das ist auf jeden Fall so, zumindest in Deutschland. In Spanien oder Portugal beispielsweise gibt es zwei separate Begriffe. Es gibt eine Trennung zwischen dem Tee aus der Teepflanze und alles andere wird als Aufguss oder Infusion bezeichnet. Der deutsche Fachbegriff ist: Teeähnliches Erzeugnis – dazu gehören Rooibos, Kräuter-, Früchtetee, Mate. Echter Tee ist nur, was aus der Teepflanze Camellia sinensis (davon gibt es ungefähr fünf Varietäten) gewonnen wird, wie Grüner Tee, Weißer Tee, Schwarzer Tee, Oolong Tee, Gelber Tee. Die können alle aus der gleichen Pflanze produziert werden. Es hängt nur von der Verarbeitung ab. Das heißt, man erntet die Blätter und daraus kann man jede Teesorte produzieren.
Die Japaner sind bekannt für ihren Grünen Tee. Könntest Du bitte etwas mehr über die japanischen Teesorten erzählen? Was unterscheidet den japanischen Tee von den anderen Anbaugebieten?
Elke: Der große Unterschied zwischen Tee aus Japan und aus anderen Anbaugebieten besteht für mich persönlich darin, dass obwohl in Japan der Teeernteprozess fast komplett mechanisiert wurde, es die Japaner trotzdem geschafft haben den Geschmack und die Hochwertigkeit beizubehalten. Überall auf der Welt gibt es fast nur Handernte, aber in Japan zu 95% ist die maschinelle Ernte. Das heißt, der Traktor fährt über die Felder und schneidet die frischen Blätter ab. Außerdem, sowohl das Klima als auch die besondere Strauchsorten in Japan beeinflussen den Geschmack. Dazu kommt noch, dass in Japan fast alle Tees nach der Ernte gedämpft werden. Es gibt zwei unterschiedlichen Verarbeitungsvarianten für grüne Tees – entweder wird der Tee nach der Ernte im Wok trocken erhitzt oder im Wasserdampf gedämpft. Bei der ersten Methode erreicht man blumigere, fruchtigere und weichere Noten und bei der zweiten Methode spürt man beim Trinken eine grasige, frische, süße Note. Die Japaner beschatten teilweise ihre Teesträucher vor der Ernte mit Netzen die meistens direkt auf die Sträucher gelegt werden. Die manuelle Beschattung mit Netzten, die man in Japan praktiziert, gibt es in anderen Anbauländer nicht. In Japan wird vor allem die erste Ernte oft beschattet, vor allem für den pulverisierten Matcha. Die Beschattung spielt eine wichtige Rolle – wenn die Pflanze weniger Licht bekommt ist sie erst einmal gestresst und versucht die Reduktion an Licht auszugleichen dadurch dass die mehr Inhaltstoffe und Aminosäuren dabei produziert. Mehr Aminosäuren sorgen für süßen Geschmack. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Teeblätter anders gerollt werden – bei japanischen Tees erkennt man die charakteristischen Nadelspitzen, die chinesischen Tees haben eher eine Drachenförmige oder runde Rollung. Die Form der Blätter beeinflusst auch ein bisschen den Geschmack.
Im Teerausch kann man aber nicht nur verschiedene Teesorten, sondern auch Teezubehör erwerben. Was sind die bekanntesten Teegefäße in Japan?
Elke: Die meist verbreitete Teekanne ist eine Einhandkanne mit einem innenliegendem Sieb (jpn. Kyusu). Shiboridashi und Hōhin sind japanische Teekannen ohne Griff. Die flache Kanne Shiboridashi hat einen kleinen Ausguss, aber nichts zum Filtern, die eignet sich ideal für die Zubereitung kleiner Mengen japanischen Grüntees. Der Hōhin hat einen Filter, ist meistens höher und bauchiger. Das sind die drei bekanntesten Kannen. Manchmal benutzt man auch das Abkühlgefäss Yusamashi. Beim Aufgießen ist die richtige Temperatur sehr wichtig – bei hochwertigen japanischen Tees liegt die Temperatur bei 55-60 °C, beim Alltagstee bei ungefähr 70-75 °C.
Diese wunderschönen Teegefäße kennt man auch aus der japanischen Teezeremonie. Hast Du mal an einer japanischen Teezeremonie selber teilgenommen?
Elke: In Japan gibt es zwei großen Teezeremonien – die klassische berühmte Teezeremonie mit Matcha und eine weniger bekannte, aber sehr schöne Zeremonie mit Sencha, die vor allem in Kyoto verbreitet ist. Die Bewegungsabläufe sind teilweise ähnlich, aber mit dem Blatttee Sencha macht man mehrere Aufgüsse und die Gefäße sind auch etwas anders. Diese informellere Zeremonie ist nicht so strickt nach Regeln, wie die Matcha-Zeremonie. Außerdem bei allen Sencha Zeremonien, die ich gesehen habe, saßen die Gäste nicht auf Tatami, wie bei der Matcha Zeremonie, sondern am Tisch. Das alles wollte ich nicht nur beobachtet haben, sondern auch selber erleben, daher habe ich an einem Unterricht in Kyoto teilgenommen. Danach habe ich ein paar Handgriffe in meine private Zeremonie übernommen.
Was sind die bekanntesten Teesorten in Japan und was sind die Hauptgebiete wo heutzutage der Tee in Japan angebaut und geerntet wird?
Elke: Da muss man differenzieren ob man von konventionellem Teeanbau oder Bio-Teeanbau spricht. Die größte Teeanbauregion in Japan ist Shizuoka. Die Kyoto-Uji Ecke ist auch relativ groß. Dort gibt es aber fast ausschließlich konventionellen Tee Anbau. In diesen Gebieten gibt es riesige Hänge, ähnlich wie bei uns in Weinanbauregionen. Wenn dort ein Teebauer die Pestizide spritzt, dann hat man die durch die Kreuzkontamination überall. Mein Fokus ist aber auf Bio Anbau im Süden von Japan – bei Yakushima, Kagoshima, Kumamoto. Hier der Tee in kleineren Teegärten angebaut. Fast alle meine Teesorten sind aus dem Süden. Aus dem Norden ist es wirklich schwierig gute Tees zu kriegen, zumindest welche mit einem besonderen Charakter.
Möchtest Du unseren Lesern zum Abschluss noch etwas mitgeben?
Elke: Ich möchte auf jeden Fall darauf Aufmerksam machen, dass es in Japan wirklich gute Schwarztees gibt. Viele Leute wissen das nicht und denken erstmal an grüne Tees – Matcha oder Sencha, aber wenn man das nicht mag streicht man Japan von der Teekarte. Aber Japan kann viel mehr anbieten – es gibt dort leckere schwarze Tees, sehr gute weiße Tees oder Oolong Tees. Das heißt Japan hat auch Vielfalt an Tees.
Vielen Dank für das interessante Interview!
Teerausch
Besitzerin: Elke Werner
Adresse: Görlitzer Straße 25, 01099 Dresden
Website: www.teerausch.de
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